Aus dem Alltag unserer Winzer - Philippe Goulley
Domaine Goulley - Chablis
"Wie schön, dass die Natur und die Rebe keine Kenntnis von der aktuellen Not und den großen Schwierigkeiten der Menschen hat."
„Bei uns, der Domaine Goulley und bei allen Winzern des Burgunds, wächst die Rebe zusehens, sie ist dieses Jahr sehr schön, aber ziemlich früh im Ausbruch. Glücklicherweise waren die Frostschäden bislang sehr begrenzt, unsere Sorge deswegen hält aber noch bis Mitte Mai. Erst dann entspannt sich die Lage, da die Temperatur nicht mehr so sehr fällt, dass sie Schaden anrichten kann. Im Gegensatz zu den Kollegen aus dem Bordeaux sind wir glücklicherweise bislang vom Hagel verschont geblieben. Wir rechnen mit einer Blüte Mitte Mai, wenn dann alles normal und gut verläuft können wir Mitte August die ersten Trauben ernten, so eine frühe Lese gab es bei uns noch nie.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist es ein sehr schwieriges Corona geprägtes Jahr, 80% unserer Weine verkaufen wir außerhalb Frankreichs und die überwiegende Mehrheit unserer Importeure beliefert Restaurants. Da die Gastronomie praktisch überall auf der Welt geschlossen ist, haben wir seit dem 10. März keine Export-Bestellungen mehr erhalten.
Kunden, die direkt ab Hof gekauft haben, dürfen nicht mehr reisen, dafür haben wir einige sehr seltene Bestellungen, die wir per Post versenden. Glücklicherweise durften in Frankreich einige Weinhändler öffnen, ebenso wie die Bio-Handelsketten, die unseren Wein im Sortiment haben.
Unsere Mitarbeiter, die in den Weinbergen arbeiten (vier Personen zusätzlich zu mir) , erklärten sich glücklicherweise alle bereit zur Arbeit zu kommen. Es ist nicht schwierig, die Sicherheitsabstände in den Weinbergen einzuhalten ... Es ist morgens wesentlich schwerer, sich beim gemeinsamen Kaffeetrinken nicht die Hand zu geben. Jeder muss ein anderes Fahrzeug nehmen, um zu den Parzellen zu gelangen (5 Personen = 5 Fahrzeuge ...).
Auf der anderen Seite mussten wir die kaufmännische Abteilung, die Sekretärin und die drei Angestellten für den Weinverkauf arbeitslos melden, da auf Grund des Shut Downs keine Arbeit anfällt. Ich kümmere mich selbst um ein paar seltene Bestellvorbereitungen und die Sekretärin kommt einen halben Tag in der Woche, samstags, wenn ihr Mann die Kinder zu Hause betreuen kann.
Ansonsten ist der Alltag hier in Chablis mit nur 2.500 Einwohnern recht ‚einfach‘. Es ist nur der Bäcker, ein Lebensmittelgeschäft, der Supermarkt sowie ein Baumarkt geöffnet. Aber wir dürfen nicht mehr als einen Kilometer vom Haus entfernt spazieren gehen und nicht mehr als eine Stunde pro Tag. Es ist schwierig für die Kinder und zeitgleich sind wir gesegnet im Vergleich zu vielen Familien, die in kleinen Wohnungen in der Stadt leben. Für uns ist es also in Ordnung ...
Nochmals vielen Dank an das gesamte RIEGEL-Team, dass wir auf den Messen 2021 gerne wieder sehen möchten, um ein neues Jahr zu beginnen, das hoffentlich für alle Menschen schöner sein wird als 2020. Viele Grüße und passt alle gut auf euch auf.“
